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Warum ist das Bildungssystem in Deutschland so schlecht?

Verantwortlicher Autor: Herbert Reis Aachen, 28.11.2022, 09:38 Uhr
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Aachen [ENA] Die soziale Herkunft von Kindern spielt in Deutschland immer noch eine große Rolle. Kinder aus armen Familien oder mit Migrationsgeschichte haben weniger Erfolg in der Schule. Wer arme Eltern hat, wird mit großer Wahrscheinlichkeit selbst auch arm. Das ist seit Jahrzehnten bekannt, doch geändert hat sich bis heute nicht viel daran. Aber gerade diese Ungleichheit zwischen den Menschen in diesem Land ist gesetzwidrig.

Um die Bildungsgerechtigkeit zu messen, wird oft die Zahl derer herangezogen, die einen Hochschulabschluss machen. Das sind derzeit ungefähr 70 Prozent Absolventen aus Akademikerhaushalten und rund 30 Prozent Absolventen aus sozial schwächeren Familien. Hier besteht ein deutliches Ungleichgewicht. Der Hochschulabschluss ist aber nur das Ende eines sehr langen Prozesses. Ungleichheit ist auch schon in vielen Stufen unterhalb des Hochschulabschlusses zu beobachten. Bei der Entscheidung: bekomme ich einen Hauptschulabschluss, bekomme ich eine Lehrstelle. Es gibt einige Gründe, warum Akademikerkinder am oberen Ende der Bildungskette tatsächlich in der Mehrheit sind:

Es geht los mit der Frage: Bekomme ich einen Krippenplatz oder nicht. Der Krippenplatz ist besonders wichtig für Kinder mit Migrationshintergrund, denn da wird im sprachlichen Bereich schon gefördert. Dann geht es weiter mit dem Kindergarten und dann kommt die nächste Stufe: Schule. Ganz gravierend verantwortlich für meine Bildungschancen ist auch der Wohnort, in dem ich aufwachse. Ob ich zum Beispiel im Ruhrgebiet in einer Stadt im Süden aufwachse, wo es bürgerlich geprägt ist oder im Norden, wo früher die Bergarbeiter und heute mehrfach die Zugewanderten wohnen, das entscheidet schon über meinen Bildungsweg.

In Akademikerfamilien erhalten Kinder mehr Hilfe von zu Hause. Für sie ist es zu Beispiel nicht so schlimm, wenn der Unterricht mal ausfällt. Die Eltern können das auffangen. In Familien, in denen das nicht stattfinden kann, haben die Kinder Nachteile. Es ist erwiesen, dass Kinder am Ende der vierten Klasse bei gleichen Leistungen unterschiedliche Empfehlungen in Richtung Gymnasium oder Hauptschule erhalten, je nachdem aus welchem Milieu sie kommen. So bekommen Kinder aus sozial schwachen Schichten seltener eine Empfehlung für das Gymnasium. Da verstärkt Schule die in den Familien generierte Ungleichheit noch mal ganz massiv.

Das Schulsystem allein kann die Mängel der Gesellschaft nicht beheben. Die Schule darf die Ungleichheit aber nicht verschärfen. Sie darf nicht verhindern, dass Kinder den Weg gehen, den sie gehen könnten. Genau das tut sie aber, wenn Kindern mit der gleichen Leistung unterschiedliche Empfehlungen für die weiterführende Schule ausgestellt werden- je nach Herkunft. Bildungspolitiker propagieren häufig die Gemeinschaftsschule als Heilmittel. Dort können Schülerinnen und Schüler aus allen sozialen Schichten und über unterschiedliche Lernniveaus hinweg länger zusammen lernen.

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